26.01.10

DIE MÖWE





Wir telefonierten erst vor kurzem miteinander. Und wie immer sprachst Du über Deine Träume, die zwar manchmal wirr und utopisch klangen, aber genau das machte sie wohl zu echten Träumen.
Wann haben wir uns kennengelernt, vor zwei Jahren? Ich weiß es nicht mehr. Aber anders als mit anderen, trafen wir uns fast ausschliesslich nur am Tage, tranken Kaffee und redeten über Gott und die Welt, über Pläne und Menschen, über Liebe und Hass.

Ich gebe zu, so gut kannte ich Dich nicht. Aber Du warst der einzige Mensch, der mich ab und zu angerufen hat, nur um zu wissen, wie es mir geht. Ich weiß bis heute nicht, warum.
Ich weiß nicht, wo Du nachts gefeiert hast, getanzt hast - hast Du überhaupt getanzt? Klar, ab und zu haben wir uns mal in irgendwelchen Bars getroffen, aber ein Nachtleben...nein, das verbinde ich nicht mit Dir. Du hast immer gesagt, Du wärst wie der "Held" aus unserem Lieblingsbuch, nur ohne seine schrecklichen Taten. Warum musstest Du Deine Meinung ändern?
Du sagtest mir einmal, wegen mir hättest Du aufgehört, in einen bestimmten Club zu gehen, wegen mir hast Du angefangen, andere Musik zu hören, andere Bücher zu lesen. Ich habe das damals geschmeichelt, wenn auch verwundert aufgenommen, warst Du doch selbst ein starker Mensch mit festen Vorstellungen und Prinzipien. Und egal wie Dein letzter Schritt aussah, stark, das warst Du.
Uns verband mehr, als ich vielleicht mal geglaubt habe. Aber doch kann ich nicht erahnen, was wirklich in Dir vorging. Aber wer kann das schon über einen Menschen behaupten, egal wie gut oder wie schlecht man ihn kennt. Ist doch irgendwie 2010, oder? Moderne Zeiten und so. Anonymitäten bestehen, Facebook hin oder her.
Uns verband ein langjähriger, gemeinsamer Freund. Es tut so weh, dass wir innerhalb kürzester Zeit den zweiten Menschen verloren haben, der auf seine Art und Weise etwas ganz besonderes war.

Als wir im Sommer letzten Jahres wieder einmal bei einem Kaffee zusammensaßen, hast Du zu mir einen Satz gesagt, den ich seitdem nicht mehr vergessen habe. Du lachtest dabei und es klang wie ein einfacher schicker Klischeesatz, den Du nicht ganz ernst nahmst.



"Mancher Mensch hat ein großes Feuer in seiner Seele, und niemand kommt, um sich daran zu wärmen."


R.

4 Kommentare:

  1. L'un part l'autre reste.

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  2. Vielen Dank Ralf!!
    Ich wusste nicht das ihr Euch auch kennt...
    Jonathan und ich waren lange zusammen kurz bevor ich dich kennengelernt habe...
    Herzliche Grüsse
    Lisa

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  3. he lisa
    schön von dir zu hören.
    wie gesagt, er war leider kein enger freund, wir haben uns aber viele male tagsüber getroffen um zu reden und so, besonders im letzten jahr...wir waren ja nachbarn.
    was für ein verlust.

    liebe grüße, hoffe dir gehts gut.

    r

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