22.06.09

Vernissage 101

Amok laufende kleiner Bälger, von Kopf bis Fuß in Retrogörenschick à la HJ von Manufaktum gekleidet, schlängeln sich keifend zwischen den Cordhosen ihrer Charlottenburger Bildungsbürgertumsväter, die mit einer Bratwurst in der Hand Bodenständigkeit demonstrieren, während die Mütter, mit der Hundeleine Ihres güldenen Retrievers in der einen Hand, den Range Rover Schlüssel in der anderen, mit der Freundin nach dem Künstler suchen, der aber entweder in Deckung gegangen scheint oder schon längst verschwunden ist oder sich feiern lässt, vielleicht auch mit einer Bratwurst in der Hand, an diesem grauenhaften Ort: düster und alt und rund. Auch hier betrachtet keiner nichts, vielleicht den Grill, aber die Kohle nebelt und so ziehen Schwaden von weißem Rauch über die Terrasse, Nebel des Grauens, und für einen Moment hofft man, dieser Nebel wird sie alle verschlucken und mitnehmen an einen noch schlimmeren Ort, aber nein, die erste Böe macht alles wieder sichbar, die Kinderhorden in ledernen Latzhosen, das Cord, die alten Mütter.


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