03.02.12

PRAG 3


Ich muss sie über ihren Freund ausfragen, wir haben in Hamburg nie über ihn gesprochen, denke ich, und warum bin ich überhaupt hier, fahre nach Prag für ein paar Stunden, die  ein paar Hundert Euro kosten, die ich eigentlich  gar nicht habe. Sie sieht so gut aus. Sie ist so dünn. Nicht zu dünn, einfach nur dünn. Perfekt dünn. Wunderschön dünn und groß und ich muss jeden Bruchteil der Sekunden in Prag für immer in mein Gedächtnis meißeln und Prag erscheint mir schön und traurig, ich kenne diese ganzen Gassen seit Jahren, doch heute ist alles noch viel schöner und viel trauriger.
Wir gehen weiter durch die Altstadt, die wie immer voll ist mit Touristen, biegen hier und da in irgendwelche Gassen ein, vorbei an hunderten von Souvenirläden, die meist T-Shirts oder Schmuck oder Glaskunst anbieten und wir reden über dies und das, aber nichts von alledem ist wichtig, nichts von alledem von Bedeutung für uns und irgendwann setzen wir uns wieder in ein Cafe, eine Art tschechisches Starbucks, und gehen nach unten, in die untere Etage, denn dort, vor der Toilette, ist eine Sitzecke für Raucher, eine rote Couch und ein viel zu hoher Tisch und ich trinke meinen doppelten Espresso aus einem Pappbecher und wir reden immer weiter über alles, nur nicht über uns und ab und zu beuge ich mich zu ihr herüber und küsse sie, meist flüchtig, manchmal aber auch länger und meine Zunge dringt verzweifelt in ihren Mund und ich versuche sie so gut wie möglich zu küssen, so unvergesslich wie möglich, so zärtlich wie möglich, bevor unsere Lippen sich wieder trennen und unsere Hände nach dem mittlerweile kalten Kaffee greifen. Jeder Mann, der an uns vorüber  geht, fixiert sie, dann mich, dann wieder sie, denn auch mit Pickeln und fahlem Gesicht sieht sie aus wie eine Göttin.
Ich berühre ihr Bein, greife nach ihrer Hand und sie sieht  mich an, fast mitleidig, als wolle sie sagen:  Aber Ralf, das hat doch alles keinen Sinn.
Ich schaue sechshundert Mal auf die Uhr, und die Zeit rast mir davon. 

1 Kommentar:

  1. lauf schönheit oder liebe besser nicht hinterher,
    bleib stehen und wuuusch flux hat sie dich...dann schmeckt auch kalter kaffee aus pappbechern...und so
    viel glück
    gruß thomas

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